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Für die künftige Auszeit sparen

Vorsorgelücken sind ärgerlich. Zeitwertkonten wie in Deutschland zeigen, wie das System flexibler wird.

Cyrill Habegger, Leiter Steuern, PensExpert

Wer ab dem Abschluss der Ausbildung ohne Unterbruch bis zur Pensionierung arbeitet, gehört einer klaren Minderheit an. Die meisten Erwerbsbiografien sind gespickt von Auslandsaufenthalten, Weiterbildungen, der Pflege von Angehörigen, der Betreuung von Kindern oder von Arbeitslosigkeit. Obwohl viele den Anschluss an den Arbeitsmarkt nach einer Phase ohne Erwerbseinkommen wieder finden, lauern oft Jahrzehnte später unschöne Überraschungen. Denn eine Auszeit kann merkliche Löcher in die Vorsorge reissen – die meist oft erst spät erkannt werden.

Dabei sind nicht alle drei Säulen des Schweizer Vorsorgesystems gleichermassen betroffen. Um später keine Einbussen bei der AHV-Rente zu haben, reicht es aus, auch während der Auszeit weiter den AHV-Mindestbeitrag zu entrichten und damit Fehljahre zu vermeiden, sofern der Wohnsitz in der Schweiz bleibt. Entstehen doch Beitragslücken, können diese innert fünf Jahren geschlossen werden.

Freizügigkeitsdepot nutzen

In der zweiten Säule verstecken sich hingegen mehr Fallstricke. Je nach Dauer der Auszeit kann hier die Rentenlücke auf eine beträchtliche Grösse anwachsen und nach Erreichen des Pensionsalters zu einem deutlich tieferen Lebensstandard führen. Die Rentenlücke besteht aus den fehlenden Sparbeiträgen samt Aufzinsung und Zinseszins. Bevor die Erwerbsarbeit aufgegeben wird, lohnt es sich, einen Einkauf in die Pensionskasse zu prüfen. So lässt sich die Vorsorgelücke etwas ausgleichen und gleichzeitig sinken die Einkommenssteuern im Jahr der Einzahlung.

Nach der Erwerbsaufgabe müssen die Pensionskassenguthaben in eine Freizügigkeitslösung überwiesen werden. Freizügigkeitskonten werfen nach wie vor kaum Zins ab. Die darin geparkten Gelder verlieren so unter Berücksichtigung der Inflation im Laufe der Auszeit also an Wert. Daher empfiehlt es sich, die PK-Gelder in ein Freizügigkeitsdepot zu überweisen und dort zu investieren. Ist klar, dass die Auszeit etwa für die Kinderbetreuung länger dauern wird, lohnt es sich, eine ­höhere Aktienquote zu wählen.

Dazu ein kurzes Rechenbeispiel mit einer fiktiven Person (siehe Grafik oben): Nimmt sie keine Auszeit und bleibt in der bisherigen Pensionskasse versichert, ergibt sich nach zehn Jahren ein Guthaben von 195 000 Fr. Zahlt sie das angesparte PK-Guthaben von 117 000 Fr. (inkl. Einkauf von 35 000 Fr.) auf ein Freizügigkeitskonto mit niedriger Verzinsung ein, bleiben ihr nach der zehnjährigen Auszeit wegen der Inflation unter dem Strich weniger als die ursprünglich eingezahlten Gelder. Investiert sie das Guthaben aber und erzielt eine jährliche Rendite von 5%, ergibt sich nach der Auszeit ein Guthaben von 180 000 Fr. Mit einer jährlichen Rendite von 6% kann sogar so viel angespart werden, als hätte die Person keine zehnjährige Auszeit gemacht.

«Die Zeit ist reif für eine gesellschaftliche und politische Debatte.»

In der Säule 3a sind während einer Auszeit in der Regel keine Einzahlungen möglich, da kein AHV-pflichtiges Einkommen besteht. Bezieht eine Person in Auszeit ­jedoch Arbeitslosentaggelder, kann sie in die Säule 3a einzahlen. Es ist aber jeweils sicherzustellen, dass die Einzahlungen steuerlich abzugsfähig sind, ansonsten ist die Säule 3a nicht das ideale Sparvehikel.

Umgerechnete Zeit ansparen

Mit der richtigen Vorbereitung ist es also auch im aktuellen System möglich, die negativen finanziellen Folgen einer Auszeit deutlich zu reduzieren. Doch das System könnte noch flexibler werden, wie ein ­Modell aus Deutschland zeigt. Dort erlauben es Zeitwertkonten vielen Arbeitnehmenden, in einen Geldwert umgerechnete Zeit anzusparen und diese zu einem späteren Zeitpunkt für einen Erwerbsunterbruch einzusetzen. Typischerweise können Überstunden, Resturlaubstage oder auch Boni auf das spezielle Vorsorgekonto eingezahlt werden.

In der Schweiz ist es wegen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht einfach, eine vergleichbare Möglichkeit anzubieten. Allein Angestellten der SBB steht derzeit dennoch ein Zeit- und Geldsparkonto offen.

Das Interesse daran, Zeit anzusparen, ist gross, wie die Studie VorsorgeDialog 2022 der Hochschule Luzern zeigt: 82% der Befragten befürworten die Möglichkeit, eine Auszeit mit einem speziellen, zusätzlichen Vorsorgekonto zu finanzieren. Besonders bei Frauen, die tendenziell nach wie vor mehr Erwerbsunterbrüche für die Erziehung von Kindern und die Betreuung von Angehörigen einlegen, stösst das Konzept auf Anklang. Doch auch die überwiegende Mehrheit der Männer steht der Idee offen gegenüber.

Flexibler Bezug möglich

Gemäss der Studie schätzen die Befragten in erster Linie die Flexibilität – sowohl beim Bezug als auch bei der Einzahlung. Denn anders als bei herkömmlichen Vorsorgekonten kann frei gewählt werden, wann und wofür die angesparte Zeit eingesetzt wird sowie auch wie viel und zu welchem Zeitpunkt auf das Konto eingezahlt werden soll. Nicht zuletzt profitieren auch die Arbeitgeber. Indem sie ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, auf flexible und unkomplizierte Art und Weise für künftige Auszeiten zu sparen, steigern sie die Attraktivität ­ihres Unternehmens und helfen, die Fluktuation in der Belegschaft zu senken – zwei grosse Pluspunkte im ­anhaltenden Fachkräftemangel.

Das breite Interesse an einer solchen Lösung signalisiert einerseits den Willen der Bevölkerung, sich eigenverantwortlich um die Vorsorge zu kümmern. Andererseits wird auch deutlich, dass die Zeit reif ist für eine gesellschaftliche und politische Debatte dazu, wie trotz Erwerbsunterbrüchen die Basis für einen finanziell komfortablen Ruhestand gelegt werden kann.

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