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Jean-Charles Sambor, Head of Emerging Market Fixed Income, BNP Paribas Asset Management
Schwellenländer waren dieses und letztes Jahr interessant, schwierig und volatil. Viele Anleger denken dabei nicht nur an China, sondern auch an die Kontraste zwischen China und dem Rest der Welt. Bis dato erzielten dieses Jahr beispielsweise Aktien aus Schwellenländern, ausgenommen China, eine recht ansehnliche Rendite. Das Reich der Mitte ist eindeutig der Aussenseiter.
Insgesamt war 2022 ein schwieriges Jahr für die Schwellenländer, die durch Zahlungsausfälle, den Krieg in der Ukraine und die grossen Unsicherheiten in China schwer gebeutelt wurden. Dieses Jahr ist die Lage viel besser. Viele Schwellenländer haben 2023 bisher ein erfreuliches Wachstum verzeichnet. Die Inflation ist in zahlreichen Schwellenländern stark zurückgegangen, ihre Haushaltslage und die Zahlungsbilanz sind recht solide. Die meisten haben Reserven aufgebaut, verfügen über satte Leistungsbilanzüberschüsse, und die Haushaltsdefizite halten sich in Grenzen. Die öffentliche Verschuldung ist zudem viel niedriger, weil es während der Coronapandemie nicht solch massive Konjunkturpakete wie in den Industrieländern gab.
Entsprechend blieben die Schwellenländer von dem starken Inflationsdruck, den diese Konjunkturpakete in den Industrieländern verursachten, verschont und profitieren von einer niedrigen Inflation. Insgesamt ist das makroökonomische Umfeld in den Schwellenländern daher besser als in den Industriestaaten.
Die einzige Ausnahme ist China, wo das Wachstum deutlich schwächer als erwartet ist. Selbst wenn dieses Jahr ein BIP-Wachstum von 5% erreicht wird, ist das recht wenig. Ob eine Erholung einsetzt, bleibt vorerst ungewiss. Andere Länder wie Indien stehen dagegen deutlich besser da als in der Vergangenheit. Hier ist eine starke Wachstumsdynamik bei kontrollierter Inflation zu beobachten. Indien dürfte von einem potenziellen Rückgang der Rohstoffpreise profitieren, da es hier ein Nettoimporteur ist.
Einige Länder, wie etwa die Türkei, hatten vergangenes Jahr wegen ihrer wenig effizienten Politik zu kämpfen. Sie melden sich derzeit mit einem starken Aufwärtstrend an den Märkten zurück, getragen vom politischen Kurswechsel der neuen Führung. Auch in Lateinamerika beobachten wir Verbesserungen, besonders in Brasilien und in gewissem Umfang in Argentinien. Hier ist allerdings mehr Vorsicht geboten. Für das Hartwährungssegment war das vergangene Jahr schwierig, da Staatsanleihen abverkauft wurden und sich nachteilig auf die Renditen auswirkten. Überdies weiteten sich die Spreads massiv, dies vor dem Hintergrund negativer geopolitischer Ereignisse und des Ukrainekriegs. Dennoch besteht Potenzial für überdurchschnittliche Rendite. Lokalwährungen präsentieren sich nach sieben Jahren nun als Game Changer.
Schwellenländerwährungen werteten sich gegenüber dem US-Dollar deutlich ab, und bei Schwellenländeranleihen fand wegen Inflationssorgen ein Ausverkauf statt. Nun befinden wir uns an einem Wendepunkt. Die Inflation geht in zahlreichen Schwellenländern zurück. Kurz vor dem Ende des US-Straffungszyklus wird der Dollar voraussichtlich auf breiter Front nachgeben, während Schwellenländerwährungen sich deutlich aufwerten dürften. Damit können Anleger auf Lokalwährung lautende Schwellenländeranleihen zum ersten Mal seit langem wieder optimistisch bewerten. Das liegt sowohl an den Zinsen als auch an den Wechselkursen der Schwellenländer.
Was Risiken angeht, war das vergangene Jahr die absolute Katastrophe, geprägt durch den Zinserhöhungszyklus der Fed, den Krieg in der Ukraine, massive Mittelabflüsse aus Schwellenländern und Konjunkturschwäche.
Weitere Mittelabflüsse sind kaum denkbar, da die Gelder bereits abgezogen wurden. Das nahende Ende des Straffungszyklus des Fed dürfte Anleihen zugutekommen, ganz besonders Schwellenländeranleihen. China stellt ein erhebliches Risiko dar. Hier ist eine deutlichere Reaktion auf politischer Ebene lange überfällig. Geopolitische Risiken können immer wieder aufflammen, wie der Konflikt zwischen Israel und der Hamas derzeit leider zeigt.
Dennoch dürfte sich durch diesen Konflikt die Marktstimmung nicht grundlegend verändern. Es klingt nicht übermässig optimistisch, doch die technischen- und die Fundamentaldaten für Schwellenländeranleihen sind günstig.
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